Es hat lange, sehr lange gedauert. Volksparteien mussten erst zu Splitterparteien schrumpfen, ehe manchem Politiker klar wurde, dass Globalisierung für flächendeckende Ängste sorgt. Die sogenannten Freihandelsverträge wie TTIP oder Ceta, die mühsam erkämpfte Sozial- und Umweltstandards zur Schredderung freigeben, schreckten selbst untertänigste EU-Konformisten.
Die Besorgten und Verängstigten verließen, trotz der Drohung, künftig als „Nazi“ beschimpft zu werden, ihre gewohnten Parteien, liefen zu den „Populisten“. Jetzt kapiert sogar die SPD, namentlich Lars Klingenbeil, dass die Erbschaft neoliberaler „Reformpolitiker“ von Schröder, Müntefering, Clemens, Steinmeier und Steinbrück besser abzuwerfen sei. So visionieren Klingenberg und Andrea Nahles den künftigen Sozialstaat 2025. Aber vorsicht: Da spricht man über verlängerte Ansprüche auf ALG I, aber das wirklich skandalöse ALG II (alias Hartz IV) bleibt unerwähnt. Gerade der schlimmste Teil der „Agenda 2010“ könnte erhalten bleiben… Man lässt es sich zumindest offen.
In diesem Moment erweisen die Grünen sicheren Machtinstinkt. Auch sie tragen Mitschuld am Hartz-Terror, aber spielen jetzt den Überwinder dieser verfehlten Politik: Auf einem internen Strategiepapier zitiert Zeit-Online den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck: Bald werde man einen dynamischen Wandel der Arbeitswelt erleben, deshalb müsse man das „Garantieversprechen des Sozialstaats“ erneuern. Ein frisches Garantiesystem soll die Richtung weisen, bei deren Beschreitung „wir das Hartz-IV-System hinter uns lassen“.
Das Garantiesystem will auf Freiwilligkeit, nicht auf Bestrafung setzen: Zuverdienst oder Fortbildung soll belohnt, aber Versagen bzw. Verweigerung nicht mit Sanktionen belegt werden. Geplant wäre demnach eine „bedingungslose“ Grundsicherung, die jedem Arbeitslosen zustünde. Dabei sollen die Höhe des Satzes sowie des Schonvermögens nach oben korrigiert werden.
Nach Schätzungen liegen die Kosten des neuen Sozial-Modells bei ca. 30 Milliarden Euro pro Jahr. „Die Gegenfinanzierung muss aus einer gerechteren Verteilung der Wohlstandsgewinne dieses Landes erfolgen“, heißt es auf dem Papier.

Eine Blockpartei, die dieses Zeichen der Zeit noch so gar nicht verstanden hat, ist die CDU. Vor allem, wenn Friedrich Merz die Wahl zum Parteivorsitzenden tatsächlich gewänne. Aus keinem Politikermund tönt der neoliberale Globalismus mit seiner antisozialen Kälte so unbgebrochen wie beim Transatlantik-Millionär Merz. So hat er keine Probleme, jüngere Schlechtqualifizierte weiterhin im Billiglohn-Sektor zu verheizen: „Wir müssen dafür sorgen, dass auch jüngere schlecht Qualifizierte – die gibt es leider in zunehmenden Maße – einen Anreiz haben, eben nicht in die Sozialhilfe zu gehen, sondern in den Arbeitsmarkt auch wenn es dort eine weniger gut bezahlte Beschäftigung ist.“ Bald noch eine überflüssige Partei weniger.