In Frankreich gehen die Bürger auf die Straße, aufgefordert von den „Gelben Westen“, um gegen die Erhöhung der Benzinpreise zu protestieren. Aber das ist nur der Zündfunke. Wut und Widerstand reichen tiefer: Es sind Proteste gegen Präsident Macron und seine Politik. Man fordert seinen Rücktritt. Und die Presse? Steht in weiten Teilen hinter den Revoltierenden. Wie reagiert Macron? Richtig, er erlässt ein Gesetz gegen „Fake News“ und verjagt Journalisten aus dem Regierungspalast.
Angeblich soll das Gesetz der Verbreitung von Gerüchten und falschen Behauptungen während des Wahlkampfes Einhalt gebieten. Jeweils drei Monate vor einer Wahl müssten Betreiber sozialer Netzwerke alle „Falschmeldungen“ über Kandidaten ganz schnell löschen. Wenn die Fake-News Bestandteil einer Anzeige sind, müssen Facebook & Co. melden, wer die finanziert hat. Und ausländische TV-Sender, die angebliche „Fake-News“ wagen, dürfen in der Zeit bis zur Wahl für französische Empfänger geblockt werden.
Das Gesetz soll bis zu den EU-Parlamentswahlen im Mai 2019 in Kraft treten. Schon vor zwei Wochen, als die „Gelben Westen“-Demos begannen, beschloss Frankreichs Nationalversammlung ein Gesetz gegen Fake-News und Wahlmanipulation. Trotz Widerstandes seitens aller Oppositionsparteien kam Macron, gestützt auf seine Parteimehrheit, damit durch. Zwei Mal hatte der Senat den Entwurf zurückgewiesen, wollte nicht einmal eine Debatte darüber zulassen.
Heftige Kritik hagelt es in den sozialen Netzwerken. Deren User beschuldigen Macron-Anhänger, ihrerseits Fake-News zu verbreiten, aber ohne Konsequenz. Nach diesem Gesetz bestimme der jeweilige Machthaber, was als Wahrheit und was als Fake-News gilt. In der Tat: Wie oft haben die Regierung und ihre Medien Propaganda-Aktionen gestartet, die erst nach Intervention durch Alternativmedien aufflogen. Das „Hetzjagd“-Video aus Chemnitz ist ein aktuelles Beispiel dafür.
Aber auch gegen die französische Presse geht Macron jetzt vor: Zum Ende des Jahres will er die Hauptstadtjournalisten aus ihrem Büro im Élysée-Palast verjagen. Zu unkontrollierbar ist ihr Wirken dort. Frankreichs Medien, nicht mal zu einem Bruchteil so schleimig wie die deutsche Mainstreampresse, reagieren verärgert. So erklärte Elisabeth Pineau, Präsidentin der „Presse Présidentielle“, laut deutschlandfunk im Klartext: „Dieser Raum ist ein Symbol der Transparenz, das seit Jahrzehnten von keinem Präsidenten in Frage gestellt wurde. Wir haben wirklich das Gefühl, dass man sich im Élysée verbarrikadiert und verbunkert, wenn wir als Presse jetzt verjagt werden. Wir haben protestiert, aber am Ende des Jahres müssen wir wohl raus. Man tritt uns mit Füßen.“
40 Jahre sei das Presse-Büro im Regierungspalast von allen Präsidenten als feste Institution anerkannt worden. Pineau führt die Schließung auf Macrons Hass gegen die (kritische) Presse zurück: „Es gab auch ziemlich heftige Aussagen aus der Umgebung des Präsidenten über Journalisten. Genre: Der Präsident habe zu komplexe Gedanken, als dass sie von den Journalisten verstanden werden könnten, was unterstellt, dass Journalisten minderbemittelt seien. Das war schon etwas merkwürdig, und gerade jetzt im Kontext der Gelben-Westen-Proteste wäre es gefährlich, wenn der Präsident die Arbeit der Journalisten herabwürdigen und schlecht machen würde. Das ist Wasser auf die Mühlen gewisser Leute, die die Medien nicht respektieren, und das ist nie gut für die Demokratie.“
Macron verbarrikadiert sich vor Kritikern durch Zensur. Man kann ihm zum Trost nur sagen: Du bist im falschen Land an die Macht gekommen. Wärst Du in Deutschland Bundeskanzler geworden, wäre das alles nicht passiert. Da hättest Du von Spiegel, Stern, Focus, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Taz und der Amadeu Antonio-Stiftung kritiklose Unterstützung erhalten: Die hätten die „gelben Westen“ sofort zu Hardcore-Nazis erklärt.