Herbert Diess ist der „Greta-Versteher“ der deutschen Wirtschaft. Kein anderer deutscher Wirtschaftskapitän ist medial so omnipräsent wie der VW-Vorstandsvorsitzende, keiner hat sich so offensiv die Forderungen der Bewegung Fridays for Future zu eigen gemacht. Nun holt ihn seine Vergangenheit als VW-Vorstand ein.

     Nach dem Willen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft sollen sich drei ehemalige und aktuelle VW-Topmanager wegen Marktmanipulation vor Gericht verantworten, nämlich der frühere VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, der aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch sowie der aktuelle VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess.

    Letzterer macht fast wöchentlich mit Wortmeldungen auf sich aufmerksam, in denen er sich als Klimaschützer präsentiert und sogar Sympathien für Greta Thunberg durchscheinen lässt. Doch nun droht ihn Diesel-Gate mit voller Wucht einzuholen, allen Versuchen der Aufbesserung des Unternehmensimages zum Trotz.

    Hat der VW-Vorstand die Anleger rechtzeitig informiert?

    Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen ihn erhoben, obwohl er erst ab dem Juni 2015 im Vorstand des VW-Konzerns arbeitete und zuvor als Manager bei BMW tätig war. Zum Problem für Diess könnte seine Teilnahme an einem VW-internen „Schadenstisch“ am 27. Juli 2015 werden ‒ die Staatsanwaltschaft interessiert sich jedenfalls brennend für das, was an diesem Tag in dieser Runde ausgetauscht wurde.

    „Operation geglückt, Patient tot“ – das könnte am Ende das Ergebnis des ideologisch motivierten Umbaus der deutschen Wirtschaft sein. Es könnte zwar gelingen, den im globalen Maßstab ohnehin schon minimalen deutschen CO2-Beitrag weiter zu senken, allerdings besteht die Gefahr, dass danach auch nicht mehr viel von der deutschen Wirtschaft übrig ist. Lesen Sie mehr zu dem Thema in COMPACT-Spezial 22 „Öko-Diktatur – Die heimliche Agenda der Grünen“.

    Der „Schadenstisch“ war ein Kreis von hochrangigen Managern, Juristen und Ingenieuren, der zusammenkam, um im Beisein des damaligen Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn wie auch des damaligen VW-Markenvorstands Diess über verschiedene konzerninterne Probleme zu sprechen.

    Gegen Ende des Treffens soll angeblich nach Medienberichten die Sprache auch darauf gekommen sein, dass US-Behörden stark abweichende Schadstoffmengen bei den in den Vereinigten Staaten verkauften VW-Dieselmodellen gemessen hätten. Eine umgehende Information der Öffentlichkeit erfolgte allerdings nicht, und es stellt sich die Frage, ob VW damit nicht gegen die sogenannte Ad-hoc-Publizität, die die Veröffentlichungspflichten von Aktiengesellschaften festlegt, verstoßen hat.

    Die Bombe platzte dann erst sechs Wochen später am 18. September 2015, als die US-Umweltschutzbehörde EPA Volkswagen beschuldigte, die Abgaswerte von in den USA verkauften Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben.

    Für den früheren BMW-Manager fühlt es sich vermutlich ziemlich ungerecht an, nun möglicherweise für Dinge in Mithaftung genommen zu werden, die weit vor seiner Zeit bei VW von anderen Konzernmitarbeitern verbockt wurden, andererseits enthält das deutsche Wertpapierrecht nun einmal umfassende unternehmensseitige Informationspflichten. Die Anwälte von Herbert Diess wiesen die Vorwürfe zurück und erklärten, dass die Anklageerhebung nicht nachvollziehbar sei.

    Sympathie für Greta Thunberg und FFF

    Der VW-Vorstandsvorsitzende hatte immer wieder seine Sympathie für die Bewegung Fridays for Future betont. Vor 20.000 Mitarbeitern des von ihm geleiteten Konzerns äußerte der VW-Vorstandsvorsitzende Ende März dieses Jahres bei der alljährlichen Betriebsversammlung in Wolfsburg: „Ich habe viel Verständnis und Sympathie für streikende Schüler, die Angst um unseren Planeten haben.“ Volkswagen sei es der nächsten Generation schuldig, nun voll auf elektrische Mobilität zu setzen.

    Ähnlich äußerte sich Diess dann wenig später vor dem Beginn der Automobilmesse in Shanghai. Er lobte die Volksrepublik für ihre klaren Planungen im Bereich der Elektromobilität. „Dieses Land setzt die Maßstäbe für alle anderen“, betonte der gebürtige Münchener mit österreichischem Pass. Weiter fügte er hinzu: „Bereits heute ist rund die Hälfte unserer 20.000 Entwicklungsexperten mit der Erforschung von Technologien, Produkten und Autodesigns für China befasst.“

    Vor gut drei Wochen traf sich Diess noch vor dem Beginn der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA mit der radikalen Klimaaktivistin Tina Velo der Initiative Sand im Getriebe!, die sich dazu bekennt, die legalen Grenzen des Protests zu überschreiten.

    Streit über den Grad der Technologieoffenheit

    Diess treibt die Transformation von VW zum E-Auto-Hersteller entschlossener voran als seine Kollegen in München oder Stuttgart. Manchmal scheint er dabei aber auch über das Ziel hinauszuschießen. Auf der Bilanzpressekonferenz des Konzerns am 12. März 2019 hatte er mit Blick auf die Debatte um die E-Mobilität geäußert: „Technologieoffenheit ist jetzt die falsche Parole.“ Vier Tage später legte der VW-Vorstandschef in einem Beitrag für das soziale Netzwerk Linkedin nach und äußerte: „Benziner und Diesel, CNG und Hybride, E-Autos, Brennstoffzelle und synthetische Kraftstoffe: Im Prinzip hat jeder alles gemacht, meist parallel. Die industriepolitische Festlegung auf eine Leittechnologie wurde abgelehnt, auch von Volkswagen. Aber diese Haltung ist von gestern.“

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    Diess erntete für diese Äußerungen damals teilweise heftig ablehnende Reaktionen. CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bezeichnete die Aussagen des VW-Chefs zur Technologieoffenheit als „komplett falsch“ und stellte aus seiner Sicht fest: „Nur auf Elektromobilität zu setzen, ist mir zu eingegrenzt. Wir brauchen Kombilösungen, technologieoffen, verkehrsträgerübergreifend.“

    Widerspruch für Diess gab es damals aber auch aus Hannover, wo ein weiteres großes niedersächsisches Unternehmen seinen Sitz hat. Elmar Degenhart, der Vorstandsvorsitzende des niedersächsischen Automobilzulieferers Continental, äußerte auf der Hauptversammlung des von ihm geleiteten Unternehmens: „Jetzt alles auf Batterie und E-Antriebe zu setzen, das ist ein hohes Risiko.“ Er fügte hinzu, dass „mit dem heutigen Strom“ das Klima nicht zu retten sei und dass der Politik neben der nötigen Geduld häufig auch „immer wieder der ausreichende Sachverstand“ fehle.

    Weiter betonte er: „Populismus vermehrt nur die Emotionen. Er verringert nicht die Emissionen.“ Der Conti-Chef sieht offensichtlich durchaus Alternativen zum E-Auto und betonte, dass für größere Fahrzeuge und Strecken von mehr als 300 Kilometern am Tag „die Brennstoffzelle ins Spiel“ komme.

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