Mit ohrenbetäubendem Jubel begrüßten gestern Tausende von Türken, ausgestattet mit Erdogan-Konterfeis und roten Fahnen, „ihren“ Präsidenten in Köln, und insbesondere seine Kopftuchuntertanen demonstrierten die Kraft ihrer Stimmbänder. Was dem Sultan vom Bosporus wohl Auftrieb gab, erneut seine Rolle in „seiner“ Filiale BRD zu unterstreichen – nämlich, dass er nicht nur die Herrschaft über Osmanien ausübt.

    Erdogan eröffnet die Ditib-Zentralmoschee in Köln; YT-Screenshot

    Was in folgenden Worten deutlich wird: „Unser in Deutschland geborener und aufgewachsener Mesut Özil und unser Ilkay, sie haben sie aus dieser Gesellschaft ausgegrenzt, weil sie sich mit mir in England fotografieren ließen“, holte Recep Tayyip Erdogan (64) anlässlich der Eröffnung seiner neuen Schaltzentrale im Land der Teutonen, der Zentralmoschee der umstrittenen Ditib in Köln-Ehrenfeld, zu einem finalen Rundumschlag gegen seine Exklave aus. „Ehrlich gesagt konnte ich es als ihr Präsident nicht verdauen, dass unsere zwei jungen Männer, die bis in die deutsche Nationalmannschaft aufgestiegen sind, ausgegrenzt wurden.“

     

    Özil überreicht Erdogan ein T-Shirt mit der Aufschrift „Für meinen Präsidenten“; YT-Screenshot

    Auslöser der sich fast zur Staatskrise ausgeweiteten Affäre war ein im Mai im Londoner „Four Seasons“ aufgenommenes Foto, auf dem Özil (29) Erdogan ein T-Shirt mit dem Aufdruck „für meinen Präsidenten“ überreichte. Die nachfolgende Rassismusdebatte, die Özil mit seiner ausgerechnet auf Englisch und nicht in seiner „Heimat“-Sprache Deutsch verfassten Rücktrittserklärung aus der deutschen National-Elf losgetrampelt hatte, hatte immense Schatten auf die Fußball-WM geworfen.

    Bundespräsident heißt Steinmeier –  und nicht Erdogan

    Cem Özdemir (Die Grünen); YT-Screenshot

    Aber auch berechtigte Einwände: „Vielleicht wissen die zwei das nicht, aber sie haben bereits einen Präsidenten, nämlich einen Bundespräsidenten, und der heißt Frank-Walter Steinmeier,” stellte der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Die Grünen), der selbst türkische Vorfahren hat, heraus. Was Erdogan anders zu sehen scheint.

    Was ihn dazu bewog, anders als bisher gehandhabt, plötzlich „eine bessere Integration der Türken in Deutschland“ zu fordern, mag an seiner positiven Bilanz über seinen Staatsbesuch liegen: die in seinen Augen nunmehr vertiefte deutsch-türkische „Freundschaft“, die Aussicht auf „wirtschaftliche Investitionen“ in sein Land und die künftig effektivere Bekämpfung von „Rassismus und Islamophobie. Muslime in Deutschland dürfen nicht zur Zielscheibe gemacht werden“.

    Wie er allerdings darauf kommt, die Türkei habe die Integration stets unterstützt und werde das auch weiterhin tun, ist schleierhaft. Noch vor zehn Jahren hatte er in der Köln-Arena vor zu viel Anpassung gewarnt, Assimilation als ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bezeichnet. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Türken scheint sich an diese Forderung zu halten. Umfragen zufolge gelten ihnen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weniger als die Doktrin des Korans mit seinen Forderungen, sich abzugrenzen von den „Ungläubigen“.

    Stimmen für Erdogan: Freilandhühner gackern für Käfighaltung

    Und die immense Zahl an Erdogan-Fans, die per Wahl seinen autokratischen Weg erst ermöglichten – also Freilandhühner, die für Käfighaltung gackern –, ist ein Beleg für die schlechte Integration vieler bei uns lebender Türken. Nicht wenige dürften von daher das, was unsere tolerante, liberale, pluralistische Gesellschaft ausmacht, sogar verachten.

    Hassmedien, COMPACT-Magazin, Oktober 2018
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    Sie haben sich eingerichtet in ihrer Parallelgesellschaft auf deutschem Boden, und Deutsche zählen da kaum zu ihren Freunden. Wer darauf hinweist, ist kein Rassist – sondern einfach ein Realist.

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