Erdogan ist immer gut für einen Eklat: Nach jenem auf der Pressekonferenz, aus der ein türkischer Journalist geschmissen wurde (COMPACT berichtete), sorgte er beim Staatsbankett für den nächsten: Er wurde wütend, als Merkel von „tiefgreifenden Differenzen“ im deutsch-türkischen Verhältnis sprach und Steinmeier die Einhaltung von Pressefreiheit und Menschenrechten anmahnte.

    Nachdem der türkische Ministerpräsident am Nachmittag eine Delegation aus mehr als 20 deutschen Magnaten aus Handel und Industrie getroffen hatte, die seinen Karren aus seiner versumpften Wirtschaft ziehen sollen, wies er gestern Abend im Schloss Bellevue die Vorwürfe der Kanzlerin und die „Sorge des Bundespräsidenten um in der Türkei aus politischen Gründen inhaftierte deutsche Staatsangehörige“ entschieden zurück.

    Staatsbankett für einen Despoten; Youtube Screenshot

    Erdogan forderte Respekt für die türkische Justiz – auch für das Auslieferungsersuchen für Can Dündar, auf dem er nach wie vor bestehe. Dieser sei ein „Agent“, der „Geheimnisse des Staates preisgegeben“ habe. Für den türkischen Staat sei er ein „Verbrecher“, der „hier auf dem Silbertablett getragen“ werde, wie die BILD formuliert.

    Zur Erinnerung: Der ehemalige Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet war wegen seiner Offenlegung von Waffenlieferungen des türkischen Geheimdiensts nach Syrien in Abwesenheit zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden, lebt in Deutschland im Exil.

    Can Dündar; Screenshot Youtube

    Dündar hatte gar an der Pressekonferenz Merkels und Erdogans teilnehmen und dem Präsidenten kritische Fragen stellen wollen, wie faz.net berichtet, nach Drohungen aus der Erdogan-Delegation aber davon Abstand genommen.

    Erdogan wurde massiv: „Weder habe ich das Recht, das Rechtssystem Deutschlands oder seine Gerichte zu kritisieren, noch haben Sie das Recht, das türkische Rechtswesen zu kritisieren. Denn die Justiz ist unabhängig, und ihre Urteile gilt es zu respektieren“, verwies der Türke die Deutschen in ihre Schranken. Und drehte kurzerhand den Spieß um: „Hunderte, Tausende“ von Terroristen liefen in Deutschland frei und unbehelligt herum. „Sollen wir darüber etwa nicht sprechen? Sollen wir dazu nichts sagen?“

    Deutschland schützt Tausende von Terroristen

    Stattdessen schütze Deutschland Terroristen, die Tausende Türken auf dem Gewissen hätten, pöbelte er. Wie die regierungsnahe Zeitung Yeni Asir berichtet, hatte die türkische Regierung bereits im Vorfeld von Erdogans Besuch in Deutschland die Auslieferung auch von 69 weiteren namentlich genannten „Terroristen“ gefordert.

    ZDF Heute Show; Screenshot Youtube

    Da ist es wieder … das Wort „Forderung“. Es erfreut sich reger Verwendung im Sprachgebrauch der Türken – ob von osmanisch-stämmigen Bundestagsabgeordneten oder von Aiman Mazyek, dem unsäglichen Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland.

    Um bei diesem Terminus zu bleiben: Erdogan forderte von Deutschland einen entschlosseneren Kampf gegen den Terrorismus. Schließlich hielten sich in Deutschland „Tausende Mitglieder der PKK-Terrororganisation“ (verbotene Kurden-Organisation; Anm. d. Red.) sowie „Hunderte“ Anhänger der Gülen-Bewegung auf.

    Merkel hatte noch vor dem Bankett, an dem sie nicht teilnahm, versöhnlichere Töne angestimmt und auf das verwiesen, was Deutsche und Türken vereine: die Partnerschaft in der Nato, Fragen der Migration, der Kampf gegen Terrorismus. Die Türkei leiste „Herausragendes“, indem sie mehr als drei Millionen Flüchtlinge aus Syrien beherberge. (Dass diese mehr schlecht als recht versorgt werden und in erbärmlichen Unterkünften hausen, unterschlug sie dabei.)

    Erdogan wendete das Blatt, indem er nach seinem Wutausbruch seine Rede mit einem Bismarck-Zitat – auf Deutsch – beschloss: „Die Liebe der Türken und Deutschen zueinander ist so alt, dass sie niemals zerbrechen wird.“ Und wenn man sich so liebt, darf man den Partner auch ruhig beschimpfen und auf üble Weise verunglimpfen, wie er dies in der Vergangenheit tat, überdies seine AKP-nahen Blätter die Kanzlerin mit einer Hakenkreuz-Binde abbilden oder seinen Justizminister Deutschland ebenfalls „faschistischer Methoden“ bezichtigen lassen…

    Massive Proteste bei Erdogans Staatsbesuch; Screenshot Youtube
    Einforderung von Menschenrechten in der Türkei; Screenshot Youtube

    Während sein Besuch von massiven Protesten unter dem Motto „Erdogan not welcome“ mit rund 8000 Teilnehmern begleitet wurde, sagte Henriette Reker die anlässlich von Erdogans Einweihung der neuen Ditib-Zentralmoschee angekündigte Massenveranstaltung in Köln kurzerhand ab. In der Kürze der Zeit sei kein ausreichendes Sicherheitskonzept seitens der Türkisch-Islamischen Union Ditib vorgelegt worden, so die Oberbürgermeistern der Domstadt.

    Hassmedien, COMPACT-Magazin, Oktober 2018
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    Das ist nachvollziehbar: Schließlich kreuzte der türkische Staatspräsident ganz plötzlich und unverhofft in Deutschland auf…

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