Zu unserem Kolonial-Dossier in COMPACT 7/2021 haben wir eine Menge an Zuschriften erhalten – viele positive, aber auch einige negative. Da wir nicht alle Leserbriefe im Heft abdrucken können, Ihnen aber als Meinungsfreiheits-Magazin auch kritische Stellungnahmen nicht vorenthalten wollen, stellen wir folgende Zuschrift online zur Diskussion. Die Wandkarte „Unsere Kolonien“ in edler Vintage-Optik können Sie hier bestellen.

    _ von Alexander Klinger

    Der Artikel über den Genozid (Völkermord) an den Herero in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika ist ein Beispiel für moderne Geschichtsklitterung und demagogische Geschichtsaufbereitung revanchistischer Ideologen.

    1) Sie eröffnen in ihrem Beitrag damit, dass man den Genozid infrage stellen muss. Im Gegensatz dazu sind diese grausamen Morde an den Ureinwohnern aber historisch belegt und kein banales Narrativ ist, wie Ihre beiden Autoren dem Leser suggerieren wollen. Allein in der Einleitung von bildhaften (imaginären) Verbrechen der Vorväter bagatellisierend zu schwadronieren, ist ein Affront gegenüber den Hinterbliebenen.

    2) Die beiden Autoren hätten sich vorab mal die Gedanken machen müssen, was die deutschen „weißen Herren“ überhaupt in dieser Zeit und in dieser Region zu schaffen hatten? Eingeladen hatten die Herero die deutschen Kolonialherren bestimmt nicht. Völkerverständigung, Aufbau der Infrastruktur, soziales Engagement, wirtschaftliche Unterstützung: dass in dieser Kolonie Menschen am Wohlstand teilhaben können, war nicht die Absicht des deutschen Kaiserreiches.

    Stattdessen wurde eine sogenannte Schutztruppe (Herman von Wissman) errichtet, die brutale Kolonialpolitik mit Profit-Bewusstsein und Ausbeutung von Ressourcen, Umwelt und Menschen zum Ziel hatte. Bis an die Zähne mit modernsten Waffen der damaligen Zeit ausgestattet und und mit ausgebildeten Soldaten wurde in diesem Land barbarisch gewütet. Dabei ist ihre Zahlenspielerei, wie viele tatsächlich ermordet wurden, völlig fehl am Platz. Jeder Tote ist einer zu viel!

    General Lothar von Trotha, Kommandeur der Schutztruppe in Deutsch-Südwest, mit seinem Stab, 1904. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-R27576, CC-BY-SA 3.0

    3) Heiko Maas und die gegenwärtigen Politiker zeigen Verantwortung, ein wenig das Leid in dieser Region zu lindern. Was sind da 1,1 Milliarden Euro?

    Am Rande: Es wurde den Söldnern (Askari), die in der deutschen Schutztruppe in Ostafrika gedient haben, jahrzehntelang eine Rente gezahlt. Auch aus dem Topf des deutschen Steuerzahlers. Das blieb in ihren Ausführungen allerdings unerwähnt.

    4) Bei den Verhandlungen in der Hauptstadt Windhuk hat der Rat der Häuptlinge in der Tat von einem „Affront gegen unsere Existenz“ gesprochen – aber nicht, wie Sie behaupten, weil zu wenig monetäre Unterstützung gewährt wird, sondern weil durch den Verteilungsschlüssel aus Sicht der Empfänger nichts an die Bedürftigen gelangt.

    Es ist zu befürworten, dass wir als deutsches Volk in heutiger Zeit eine Verantwortung der Väter übernehmen, damit wir es auch lernen, in der Zukunft verantwortungsvoller miteinander umzugehen.

    Als letztes bleibt mir die Frage: Wer liest solche verwirrenden Artikel, die die Geschichte derart entrstellt, verzerrt, obskurjournalistisch zu Papier bringt? Ein Beitrag für eine friedliche Koexistenz der Menschen ist
    das mit Sicherheit nicht. Das finde ich bedenklich!

    Einen Auszug aus dem kritisierten Artikel können Sie hier lesen, das gesamte Kolonial-Dossier gibt es hier.

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