Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist den Bellizisten aus Ampel und Opposition nicht angriffsfreudig genug. Mancher wirft ihm indirekte Unterstützung Putins vor. Auf Twitter kursiert bereits der Hashtag #ScholzIstEineSchande.  COMPACT-Online publiziert daher einen Auszug aus Jürgen Elsässers Artikel „Der Front-Mann: Chronologie am Rande des Abgrunds“, den Sie ungekürzt in COMPACT-Magazin 04/2022 lesen können – hier bestellen.

    Der Sozi ist schneller als der Nazi: Sechs Jahre hat Hitler gebraucht, um Deutschland kriegsbereit zu machen – bei Scholz waren es gerade sechs Monate. Kurze Geschichte eines Langweilers, der Blut geleckt hat.

    _ von Jürgen Elsässer

    Der Hanseat galt als Schlaftablette. Sein Spitzname: Scholzomat. Selten kräuselte ein Lächeln seine schmalen Lippen, seine Mimik ist steif, seine Gestik sparsam. Wie seine Vorgängerin brachte er das Publikum an den Bildschirmen zum Einnicken. Doch gerade mit dieser Kühle, dieser Unaufgeregtheit hatte er die SPD im vergangenen Jahr aus dem Jammertal geführt und bei den Bundestagswahlen im September zur stärksten Partei gemacht. Das Blitzlichtgewitter überließ er seinen Konkurrenten, die darin verglühten.

    Scholz hat ein Problem

    Medienliebling Annalena Baerbock führte im Frühjahr 2021 die Umfragen an – bis die Plagiate in ihrem Buch aufflogen und sie abstürzte. Dann lag CDU-Herausforderer Armin Laschet in der Spitzenposition – und blamierte sich im Ahrtal mit feistem Lachen vor den Kameras, als die Toten der Hochwasserkatastrophe noch nicht unter der Erde waren. Scholz hatte ruhig abgewartet und zog schließlich an allen vorbei.

    Mit ruhiger Hand führte er auch die Koalitionsverhandlungen und beendete die Durchstechereien von Interna an die Medien, bis alles in trockenen Tüchern war. Die wirtschaftsliberale FDP und die industriefeindlichen Grünen am Kabinettstisch zusammenzubringen – das war sein diplomatisches Meisterwerk.

    Mitte März 2022 beschloss die Bundesregierung überfallartig die Anschaffung von mindestens 35 F-35 Kampfjets des US-Herstellers Lockheed Martin – die erste Investition aus dem von Kanzler Scholz am 27. Februar durchgedrückten 100-Milliarden-Euro-Topf für die Aufrüstung. Das Kampfflugzeug kann mit Atomwaffen aus dem US-Stützpunkt Büchel/Rheinland-Pfalz bestückt werden. Foto: IMAGO/ZUMA Wire

    Doch als seine Regierung die Arbeit aufnahm, wurde die notorische Zurückhaltung des Sozialdemokraten zum Problem. Das Einpeitschen an der Corona-Front überließ er seinem Parteifreund, dem Gesundheitsminister Karl Lauterbach – das Dagegenhalten dem FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

    Das Wort «Impfpflicht» nahm er lange gar nicht in den Mund, und wenn, dann nur schmallippig. Groß kündigte er das Ziel von «30 Millionen Impfungen bis Ende Januar» an – und blamierte sich vollständig. Seine Fans vermissten die ihm qua Amt zugeschriebene «Leitlinienkompetenz».

    #WoIstScholz gehörte bei Twitter zu den höchstplatzierten Hashtags. Die Rechnung der Demoskopen folgte auf dem Fuße: Nach den ersten hundert Tagen fiel die SPD schon wieder hinter die Union zurück, obwohl die Schwarzen noch mit internen Querelen beschäftigt waren.

    Die Ampel stürzte auf unter 50 Prozent ab, mit dem Kanzler selbst waren nur noch 32 Prozent zufrieden, 46 Prozent unzufrieden. Im laufenden Jahr stehen vier Landtagswahlen an, das konnte vor diesem Hintergrund für Scholz zum Problem werden. Er musste wieder in die Offensive kommen. Dass es eine militärische werden würde, hätten die wenigsten gedacht.

    Scholz schlägt Merkel

    Zunächst hatte er sich außenpolitisch an seiner Vorgängerin orientiert. Die Rautenfrau, damals noch im Amt, schleppte ihn im Oktober zum G20-Gipfel nach Rom mit, um ihn dem US-Präsidenten Joe Biden vorzustellen. Beide mieteten sich in der Nobelherberge Hotel de Russie nahe der Piazza del Popolo ein. Welt-Reporter Robin Alexander kolportiert über das wohl entscheidende Abendessen der beiden Deutschen am 30. Oktober Folgendes:

    «Putin (…) hatte sich nur per Video zum Gipfeltreffen zuschalten lassen, wegen Corona, wie es hieß. Trotzdem ging es beim Rotwein im lauen italienischen Herbst vor allem um ihn. Merkel machte sich schon lange keine Illusionen mehr über Putin. Sie sah aber auch die von Korruption geprägten Politiker in Kiew skeptisch. Wolodymyr Selenski (…) schien ihr damals ein unsicherer Partner zu sein.»

    Trotz dieser einigermaßen ausgewogenen Positionierung vollzog das Auswärtige Amt kurz darauf bereits den Bruch mit Moskau und wandte sich endgültig Kiew zu. Sollbruchstelle war das sogenannte Minsker Abkommen, das als völkerrechtlicher Vertrag seit Februar 2015 in Kraft war und zunächst zu einem Abflauen der Kämpfe in der Ostukraine geführt hatte.

    Es sah vor, dass die Gebiete der Separatisten wieder unter die Herrschaft der Ukraine zurückkommen würden, wenn Kiew mit ihnen die Modalitäten von Kommunalwahlen unter der Aufsicht der OSZE aushandelte und ihnen in einer Verfassungsreform gewisse Autonomierechte zugestünde.

    Die Donbass-Vertreter hatten es unterschrieben, Selenskis Vorgänger Petro Poroschenko ebenfalls. Nur hatte der es nie umgesetzt und alle Gespräche dazu mit den selbst ernannten Volksrepubliken verweigert. Die NATO hatte darauf verzichtet, den Vertragsbruch zu sanktionieren und die Ukraine weiter fleißig finanziell belohnt, auf ihrem Gebiet immer mehr Manöver abgehalten (im Jahr 2021 unter Beteiligung von 23.000 NATO-Soldaten), die USA hatten auch Waffen geliefert.

    Moskau wollte den Minsk-Prozess im Herbst 2021 endlich wieder in Gang bringen, und Außenminister Sergej Lawrow machte am 29. Oktober einen entsprechenden Vorschlag an die anderen Regierungen des sogenannten Normandie-Formats (Ukraine, Frankreich und Deutschland).

    Nord Stream 2 stand unmittelbar vor der Inbetriebnahme, es musste etwas geschehen.

    Doch Paris und Berlin lehnten am 6. November ab, und zwar weil Russland auf dem Eckstein des Abkommens – direkte Umsetzungsverhandlungen zwischen Kiew und den Donbass-Republiken – beharrte. Damit war Minsk mausetot – und Putin wusste, dass er nicht mehr auf Kooperation hoffen konnte. Ab Dezember intensivierte sich der Beschuss von Donezk und Lugansk durch ukrainische Truppen.

    Annalena spielt Krieg: Baerbock mit Splitterweste am 9. Februar 2022 an der Front im Donbass. Foto: picture alliance/dpa

    Was brachte Scholz nach dem Treffen in Rom dazu, sich – anders als es Merkel beim Rotwein angemahnt hatte – so einseitig auf die Seite von Kiew zu schlagen? Zum einen war es wohl Druck aus Washington, der schon auf dem G20-Gipfel einsetzte. Das Portal T-Online schreibt am 30. Oktober:

    «Biden erinnert Scholz an die Nord-Stream-2-Abmachung (…) Biden betonte demnach, es müsse sichergestellt werden, dass Russland die Erdgaslieferungen nicht für schädliche politische Zwecke nutzen könne.»

    Zum anderen dürfte Scholzens wichtigster Koalitionspartner die Vorlage des Großen Bruders aufgenommen haben: Die Grünen forderten schon seit Langem den Stopp der Pipeline, was Scholz vor dem G20-Gipfel noch verweigerte. Aber im Koalitionsvertrag konnte man sich nur auf einen Formelkompromiss einigen – Nord Stream 2 wurde einfach nicht erwähnt –, und als dann Robert Habeck Wirtschaftsminister wurde, begann er bereits mit der Verzögerung des Zertifizierungsverfahrens für das Projekt.

    Den Amerikanern dürfte es sehr recht gewesen sein, dass sich Deutsche und Russen zerstritten: Die neue Ostsee-Röhre von Gazprom war nämlich fertig und stand eigentlich unmittelbar vor der Inbetriebnahme, probeweise war schon Gas eingepumpt worden. Es musste etwas geschehen, um sie auf der Zielgeraden noch zu stoppen.

    Scholz in Moskau

    Putin unternahm noch zwei Versuche, die Lage zu entspannen. Manöver seiner Truppen unweit der Grenze der Ukraine zum Jahresende waren in westlichen Medien für Schuldzuweisungen an seine Adresse genutzt worden. Noch vor Silvester versuchte Russland, etwas Luft aus den westlichen Horrorszenarien abzulassen: «10.000 russische Soldaten rücken nach Manöver nahe Ukraine ab», meldete die Welt am 25. Dezember 2021.

    Auch der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Alexei Danilow, gab damals Entwarnung: «Wir beobachten keine große Ansammlung von russischen Truppen. Es gibt einige Truppenbewegungen, aber das ist für uns nicht entscheidend.» Aber die NATO trommelte unbeeindruckt weiter.

    Baerbock kreuzte im Donbass mit Stahlhelm und Splitterweste auf.

    «Das Risiko eines Konflikts ist real», sagte Stoltenberg am 7. Januar. »Russlands aggressives Vorgehen unterminiert ernsthaft die Sicherheitsordnung in Europa.» Putin musste den Eindruck bekommen: Egal was wir machen, die hören nicht auf mit ihrer Hetze. In westlichen Medien wird heute der Eindruck erweckt, die russischen Manöver seit November wären, allen Dementis aus Moskau zum Trotz, schon die zielgerichtete Vorbereitung des Einmarsches gewesen.

    Doch bereits in der Vergangenheit, etwa im Frühjahr 2021, hatte es immer wieder groß angelegte Militärübungen Russlands an seiner Südwestflanke gegeben – und danach waren die Einheiten wieder abgezogen worden.

    SPD-Legende: Klaus von Dohnanyi Foto: Körber-Stiftung

    Baerbock kreuzte am 9. Februar im Donbass auf und zeigte sich mit Stahlhelm und Splitterweste an der Seite ukrainischer Soldaten, die den Beschuss der Separatistengebiete bereits intensiviert hatten. Auf Kritik der grünen Außenministerin hatte man vergeblich gehofft – ihre Maskerade sagte mehr als tausend Worte, dass sie sich schon im Krieg wähnte.

    Trotzdem warb Putin weiter um Deutschland und lud Scholz für den 15. Februar nach Moskau ein. Über vier Stunden dauerte das Treffen am langen Tisch. Der Kanzler betonte, dass Sicherheit in Europa «nicht gegen Russland» erreicht werden könne, und vermied es, mit der Absage von Nord Stream 2 zu drohen.

    Die Tagesschau fasste am Abend zusammen: «Beide Seiten sind bereit, den Dialog und die Verhandlungen im Ukraine-Konflikt fortzusetzen. (…) Auf die Frage, ob er Krieg in der Ukraine wolle, antwortete Putin glaubhaft: ”Natürlich nicht!” Ebenfalls positiv: Noch vor dem Antrittsbesuch von Scholz ließ Russland erste Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine abziehen. Dies kann ein erstes Signal der Entspannung sein.»

    Ein noch wichtigeres Signal war, dass Putin den Beschluss der Staatsduma vom selben Tag ignorierte: Das Parlament hatte auf Antrag der Kommunisten wie seiner eigenen Partei Einiges Russland die Anerkennung der Donbass-Volksrepubliken als selbstständige Staaten gefordert. Doch der Präsident lehnte ab, weil er kein Interesse an einer weiteren Eskalation hatte und noch auf Scholz hoffte. (Ende des Auszugs.) 

    Dieser Artikel erschien  vollständig im COMPACT-Magazin 04/2022. Diese Ausgabe können Sie in digitaler oder gedruckter Form  hier bestellen.

    5 Kommentare

    1. HEINRICH WILHELM am

      Der Gesichtsausdruck von dem Kanzlerdarsteller sieht aus, wie: "So. Ich geh‘ jetzt boostern. Das habt ihr nun davon.!"
      Aber zum Thema:
      Willy Wimmer ist der Meinung, dass Mützenich und Scholz zurzeit (noch) die Garanten dafür wären, einen "dritten Krieg Deutschlands gegen Russland innerhalb von fast 110 Jahren" zu verhindern. (https://www.nachdenkseiten.de/?p=83080)
      Ich gebe zu, dass es bessere Witze gibt. Denn bei dem "Personal" gilt: Lasst alle Hoffnung fahren…

    2. jeder hasst die Antifa am

      Wenn Putins Kriegsgegner wie die obige Baerbock Truppe aussieht dann kommt er aus dem Lachen nicht mehr raus,sieht aus wie die Creme der Bunten Wehr.

    3. 20. April Heute richtiges Kaiserwetter am

      Eilmeldung ! Franzosen feiern heute Geburtstag von Louis Napoleon, bekannt auch als Kaiser Napoleon der Dritte und Neffe von Napoleon Bonaparte

    4. "Lieber" Olaf Scholz, für mich ist die heutige SPD und sie auch leider unwähbar. Aber bitte lassen sie sich von diesen ganzen kriegstreibenden Arschlöchern in der Politik nicht treiben!
      Eine weitere Eskalation könnte verheerende Folgen haben….
      In meinen Augen sind sie der Einzige in der Regierung der auch geopolitische denkt und einen weitsichtige Blick hat..!!

      • Bussi Busfahrer am

        EIne weitsichtigen Blick? Daß ich nicht lache! Der Scholzomat sieht nur so weit, wie es die sieben Jahre Regenwetter zulassen, die er selber verkörpert. Schietwedder!