Es war ausnahmsweise einmal ein echter Coup, der dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Rande des G7-Gipfels im französischen Biarritz gelang. Das überraschende Erscheinen des iranischen Außenministers Mohammed Dschawad Sarif in dem Seebad an der französischen Atlantikküste war genau das richtige Signal, um US-Präsident Donald Trump klarzumachen, dass die Europäer alle Kriegsabenteuer am Persischen Golf ablehnen und weiter hinter dem 2015 abgeschlossenen Atomabkommen mit dem Iran stehen.
Dem iranischen Außenminister gelang allerdings noch ein weiterer Coup, der von der Öffentlichkeit weit weniger wahrgenommen wurde, aber der wohl weit wichtiger war als der kurze Auftritt in Biarritz. Ende vergangenen Monats startete er nämlich seinem chinesischen Amtskollegen Wang Li einen Besuch ab, um gemeinsam konkrete Maßnahmen im Rahmen der bereits vor drei Jahren vereinbarten strategischen Partnerschaft zu vereinbaren.
Investitionen von 400 Milliarden US-Dollar geplant
Sollten diese umgesetzt werden, dann dürfte eine globale Machtverschiebung im Rohstoffsektor bevorstehen. Die Volksrepublik möchte nämlich im Rahmen ihrer Seidenstraßen-Initiative die gigantische Summe von 280 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung des iranischen Erdöl-, Gas- und Chemiesektors investieren, außerdem nochmals weitere 120 Milliarden US-Dollar in die Modernisierung der iranischen Verkehrs- und Produktionsinfrastruktur.
Der pazifische und zentralasiatische Raum ist zum Schlachtfeld eines geopolitischen Konflikts zwischen den beiden Supermächten USA und China geworden, auf dem um die globale Hegemonie im 21. Jahrhundert gerungen wird. Lesen Sie mehr zu dem Thema in COMPACT-Spezial 16 „USA gegen China – Endkampf um die neue Weltordnung“.
Die Mittel sollen im Rahmen von Fünfjahresplänen abgerufen werden können, die flexibel gestaltbar sind. Im Gegenzug für die Investitionen räumt der Iran Peking eine Reihe von Privilegien ein, so beispielsweise einen Rabatt in Höhe von zwölf Prozent auf Öl, Gas und petrochemische Produkte wie auch einen Vorrang bei der Vergabe von Entwicklungsprojekten im Öl- und Gasbereich durch die iranische Regierung. Außerdem erhält die Volksrepublik das Recht, ihre Projekte im Iran mit eigenem Sicherheitspersonal zu schützen.
Von besonderer Bedeutung ist die Vereinbarung, alle Geschäfte unter Ausschluss des US-Dollars durchzuführen, wobei neben dem Renminbi auch afrikanische und asiatische Währungen akzeptiert werden sollen, die China im Rahmen seiner globalen Wirtschaftstätigkeit erwirtschaftet hat.
Dedollarisierung der Weltwirtschaft schreitet voran
Die Vereinbarung zwischen Peking und Teheran ist natürlich auch das indirekte Ergebnis der Sanktionspolitik des US-Präsidenten Donald Trump. Tatsächlich könnte Washington mit seiner Embargopolitik, die sich vor allem gegen China richtet, am Ende einer Dedollarisierung der Weltwirtschaft den Weg bereiten.
Erste Ansätze dazu gibt es bereits, und sie könnten ausgebaut werden. Russland hat beispielsweise als Antwort auf die US-amerikanische Sanktionspolitik seine Bestände an US-Staatsanleihen drastisch reduziert. Moskau hat darüber hinaus aber auch ein eigenes Zahlungsverkehrssystem für Geschäfte geschaffen, die nicht in Dollar abgewickelt werden, und das zukünftig auch für ausländische Unternehmen geöffnet werden soll.
Die Volksrepublik China forderte gar die Dominanz der USA auf den Energiemärkten heraus und hat in Schanghai einen Handelsplatz für in Renminbi gehandelte Öl-Termingeschäfte eröffnet. Die nun getroffenen Vereinbarungen zwischen China und dem Iran und damit zwischen zwei besonders stark von den US-Sanktionen betroffenen Ländern machen erneut deutlich, dass die Embargopolitik der USA ungewollt zum Geburtshelfer eines eurasischen Wirtschaftsblocks werden könnte.